Einsatz (extrem) thermophiler Mikroorganismen zur biologischen Wasserstofferzeugung aus biogenen Roh- und Reststoffen
Bild: Versuchssystem zur fermentativen Erzeugung von Biowasserstoff, bestehend aus einem Messwertrechner, Gasanalyseschrank, Bioreaktor und Dampferzeuger (v.l.n.r.) Wissenschaftliche Kontakte und Kooperationen:
ZIELE Der Klimawandel und die Endlichkeit fossiler Energieträger machen den Einsatz neuer umweltfreundlicher und nachhaltiger Energieträger dringend notwendig. Auch durch die immer weiter steigenden Rohstoff- und Energiepreise geraten erneuerbare Energien immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Wasserstoff (H2), bei deren Verbrennung nur Wasser anfällt, gilt dabei als einer der Hauptenergieträger der Zukunft. Im Rahmen des Projekts wurde die fermentative Erzeugung von Biowasserstoff untersucht, die eine vielversprechende Methode zur H2-Erzeugung aus Biomasse darstellt. Neben nachwachsenden Rohstoffen und Energiepflanzen können als Substrat auch organische Abfälle eingesetzt werden, so dass eine Koppelung der energetischen Verwertung biogener Reststoffe zu H2 mit gleichzeitiger Reststoffbehandlung ermöglicht wird. Die gewählte thermophile Prozesstemperatur gewährleistet dabei eine gleichzeitige Hygienisierung. Hauptziel des Vorhabens war die verfahrenstechnische Entwicklung und Optimierung der biologischen H2-Erzeugung durch Vergärung, so dass aus verschiedenen biogenen Roh- und Reststoffen möglichst hohe Mengen an Wasserstoff produziert werden. Dabei wurden drei Testsysteme eingesetzt, die alle bei 60 °C betrieben wurden. Das Sensomat System (100 ml) wurde im Batchbetrieb betrieben und diente in erster Linie zur Untersuchung verschiedener Substrate und Inokula auf ihr Potential zur Wasserstoffbildung. Die Testsysteme ATS (5 l) und CSTR (20 l) erlaubten neben dem Batchbetrieb auch eine kontinuierliche Substratbeschickung, so dass wichtige Prozessparameter (wie Substratbelastung, Verweilzeit usw.) untersucht und optimiert werden konnten. ERGEBNISSE Neben dem Modellsubstrat Glucose wurden Mais-, Kartoffelstärke, Zucker-, Futter-, Steckrübe, Kartoffel (-schale), Mais sowie Glycerin (als Nebenprodukt der Biodieselherstellung) im Batchbetrieb auf ihr H2-Bildungspotential untersucht. Die kontinuierliche Wasserstoffproduktion wurde mit Glucose, Glycerin und Mais untersucht. Zur Animpfung des Prozesses wurde überwiegend ausgefaulter Klärschlamm als eine natürlich vorkommende Mischkultur an Mikroorganismen eingesetzt. Dieser wurde zuvor bei 80 °C hitzevorbehandelt, da damit eine doppelt so hohe H2-Bildung erreicht werden konnte. Hinsichtlich der Animpfmenge lieferten die Versuche mit 25 Vol.-% die besten Ergebnisse, so dass diese Klärschlammkonzentration für alle Versuchsreihen gewählt wurde. Hohe Wasserstoffausbeuten können auch bei Animpfung mit Reinkulturen erreicht werden, wie einige internationale Forschungsarbeiten gezeigt haben. So wurden im Rahmen des Projekts neben der Mischkultur Klärschlamm sechs verschiedene Reinkulturen auf ihr Potential zur H2-Bildung im Batchbetrieb untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass nur mit dem Stamm Thermoanaerobacterium thermosaccharolyticum (DSMZ 571) eine hohe H2-Produktion erreicht werden konnte. Vergleicht man diese H2-Bildung mit Werten bei Animpfung mit Klärschlamm, so liegen sie für Glucose, Zucker- und Futterrübe auf einem leicht niedrigeren bzw. gleichen Niveau. Beim Einsatz von Mais und Glycerin konnte mit der Reinkultur DSMZ 571 hingegen eine ca. 30 % höhere Wasserstoffbildung erzielt werden. Da der Einsatz von Reinkulturen jedoch einen deutlich höheren Betriebsaufwand und Kostenfaktor (Isolierung, Kultivierung und Adaption der Reinkultur, Sterilisation aller Anlagenteile sowie der Substrate, Zugabe von Nährstoffmedien) erfordert, wird für alle Substrate eine Inokulation des Prozesses mit der Mischkultur Klärschlamm empfohlen. Die Ergebnisse der Laboruntersuchengen zeigen, dass die höchste spezifische H2-Produktion erwartungsgemäß mit Glucose erreicht wird, da das Monosaccharid einfach und schnell von den Mikroorganismen abgebaut werden kann. So wurden im Batchbetrieb beim Einsatz der optimalen Glucosekonzentration von 10 g oTS/l bei Animpfung mit Klärschlamm 221 Nml H2/g oTS gebildet. Eine weitere Steigerung der Werte wurde durch den Einsatz des Carbonatpuffers Jura Perlen (266 Nml H2/g oTS) bzw. eine pH-Regelung auf pH 5 (280 Nml H2/g oTS) erreicht. Dies entspricht einem H2-Umsatz von 90 % (unter der Annahme eines theoretischen Maximums von 2,5 mol H2/mol Substrat). Für die untersuchten Polysaccharide Mais- und Kartoffelstärke wurde im Batchbetrieb und mit Klärschlamm als Inokulum vor allem mit Maisstärke eine hohe H2-Produktion von 190 Nml H2/g oTS(H2-Umsatz 55 %) erreicht. Die untersuchten Agrarprodukte zeigten auch hohe H2-Produktionswerte bis 188 Nl H2/kg oTS. So wurden vor allem aus der Futter- und Zuckerrübe bei pH-Pufferung mit Carbonat hohe Wasserstoffumsatzraten von rund 60 % erzielt. Beim Einsatz von Mais als Substrat wurde der höchste H2-Umsatz von 57 % (177 Nl H2/kg oTS) mit der Reinkultur DSMZ 571 erreicht. Der fermentative Abbau von Steckrübe und Kartoffel lieferte eine zufriedenstellende Wasserstoffproduktion von rund 150 Nml H2/g oTS (H2-Umsatz 46-49 %) erzielt. Der Bioabfall Kartoffelschale stellt mit 85 Nml H2/g oTS (H2-Umsatz 27 %) ebenfalls ein geeignetes Substrat für die Wasserstofferzeugung dar. Beim Einsatz von Glycerin als Substrat wurde unabhängig von der Art der Animpfung nur eine geringere Wasserstoffproduktion (H2-Umsatz < 7 %) erzielt, so dass ein weiterer Einsatz von Glycerin als Substrat zur H2-Erzeugung nicht empfohlen wird. Eventuell ist ein Aufschluss von Glycerin durch höhere Temperaturen oder eine enzymatische Vorbehandlung möglich. Die Ergebnisse der semikontinuierlichen Versuche belegen eindeutig die Eignung der fermentativen Erzeugung von Biowasserstoff für den kontinuierlichen Betrieb. Die längste und erfolgreichste semikontinuierliche Testreihe lief 311 Tage lang. Beim Einsatz von Glucose als Substrat wurde die maximale (451 Nl H2/kg oTS) bzw. mittlere H2-Bildung (139 Nl H2/kg oTS) bei einer optimalen Raumbelastung (BR) von 4-5 g oTS/(lR*d) erreicht. Vielversprechend sind auch die erzielten Ergebnisse mit dem Substrat Mais. So liegt die im kontinuierlichen Betrieb (BR=10 g oTS/(lR*d)) maximal erzielte H2-Ausbeute von 160 Nl H2/kg oTS rund 20 % höher im Vergleich zum Batchbetrieb. Als Substrate mit dem höchsten H2-Bildungspotential werden somit Futter-, Zuckerrübe, Mais und Kartoffel sowie in erster Linie deren Reststoffe (aus der Verarbeitung bzw. Weiterverarbeitung z.B. zu Stärke) empfohlen. Stellt man die erzielten Wasserstoffproduktionswerte mit der konventionellen Vergärung zu Methan (bis 317 Nl CH4/kg oTS beim Einsatz von Kohlenhydraten) gegenüber, so liegen sie auf einem vergleichbaren Niveau. Zusätzlich können die Gärrückstände der H2-Stufe weiter zu Methan abgebaut werden, so dass die Energieausbeute weiter gesteigert wird. Ein Problem der kontinuierlichen H2-Bildung ist prozessbedingt die Versäuerung des Systems, da neben dem Biogas (H2 und CO2) auch immer organische Säuren entstehen. Daher sollte das System über eine pH-Regelung oder Pufferung verfügen (Optimum pH 5) und mit einer optimalen Aufenthaltszeit (HRT) betrieben werden. Bei einer optimalen HRT von 3 d kommt es zum einen zu keiner übermäßigen Anreicherung der organischen Säuren, zum anderen wird nicht zu viel Biomasse ausgewaschen. Der Ablauf der Wasserstoffstufe, der sich überwiegend aus organischen Säuren zusammensetzt, kann als Substrat in einer nachgeschalteten Methanproduktionsstufe verwertet werden. Hierzu wurden erste Methanversuche bei 35 °C und einer hydraulischen Aufenthaltszeit HRT von 20 Tagen durchgeführt. Die maximal erzielte Biogasbildung lag bei 0,45 Nl/(lR*d) mit einem mittleren Methananteil von 60 %. Durch den Abbau der organischen Säuren zu Methan konnte somit ein TOC-Abbau von maximal 89 % erreicht werden. Der Abbaugrad der organischen Säuren (VFA) durch die methanogenen Bakterien betrug im Durchschnitt 95 %. Setzt man die maximal erzielte Methanproduktion von 0,27 Nl CH4/(lR*d) mit der Substratbelastung der H2-Stufe von 5 g oTS/(lR*d) gegenüber, entspricht es einer zur H2-Bildung zusätzlichen Methanausbeute von 54 Nl CH4/kg oTS aus den Gärrückständen des Wasserstoffreaktors. Durch weitere Betriebsoptimierungen ist eine weitere Steigerung dieser Werte möglich. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zeigen somit, dass die biologische Wasserstofferzeugung im Rahmen der Vergärung eine vielversprechende Alternative zur Nutzung fossiler Energieträger bietet. Natürlich könnte der hohe Weltenergiebedarf nicht annähernd durch Biowasserstoff gedeckt werden, doch er kann einen Beitrag zur nachhaltigen Rohstoff- und Energiebereitstellung leisten sowie die Umwelt durch Ressourcenschutz und CO2-Emissionsverminderung entlasten. Insbesondere für dezentrale Lösungen bietet sich das kombinierte Verfahren der fermentativen H2- und CH4-Erzeugung an (vergleichbar mit der heutigen Biogaserzeugung durch Landwirte). Nicht zu vernachlässigen ist auch die Möglichkeit der effizienteren und emissionsarmen Nutzung des Biowasserstoffs in Brennstoffzellen. Publikationen
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