Forschungsbericht 2005



Lasergenerieren patientenindividueller Zahnwurzelimplantate

Institut: Laser- und Anlagensystemtechnik
Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann
Stellvertretende Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann
Mitarbeiter/innen: Dipl.-Ing. Olaf Rehme
Projektnummer: 5-12.012
Laufzeit: 01.07.2005 - 31.10.2007
Finanzierung: BMWA/AiF


 

Zielsetzung des beantragten Projekts

Es soll ein innovatives Produkt entwickelt werden, dass im Gegensatz zu den am Markt etablierten enossalen Zahnimplantaten die Verankerung des harten Implantats mit dem hochkomplexen Netzwerk aus Collagen und elastischen Fasern gemäß der natürlichen Funktion der Zahnwurzel erlaubt und so eine deutlich schnellere Einheilung und bessere Haltbarkeit bietet. Diese Ziele sollen u.a. auch dadurch erreicht werden, dass entsprechend der Anatomie der jeweiligen Wurzel selbst, der Knochen sparsam abgetragen und geöffnet wird, damit dort eine künstliche Zahnwurzel verankert wird, welche auf der einen Seite in etwa der Form und der Krafteinleitung der alten Wurzel entspricht, zum anderen aber eine Wand aufweist, welche aufgrund ihrer Struktur ein Einwachsen des Knochenmaterials ermöglicht und so einen fließenden Übergang zwischen Knochen und Zahnwurzel selbst gewährleistet.

Dieses Ziel ist dadurch erreichbar, dass einerseits die Zahnwurzel aus einem festen Kern, beispielsweise aus Reintitan Grade 0 besteht. Das Einwachsen des Knochens in die Wand der Zahnwurzel andererseits wird dadurch erleichtert und auch kontrolliert, dass sie eine patientenangepasste Oberfläche in Form eines Netzwerks besitzt. Dieses Netzwerk wird in zahnwurzelferne Richtung immer offener, bzw. zur Wurzel hin immer kompakter.

Da konventionelle Herstellungsverfahren für Implantate einen hohen Zeit- und Kostenaufwand erfordern, darüber hinaus aber über wenig Spielraum für die patientenindividuelle Gestaltung eines Implantats verfügen, verstärkt sich der Innovationsdruck im Bereich der Medizintechnik wesentlich. Ein Ausweg bietet sich hier durch den Einsatz des neuartigen Laser Rapid Manufacturing an. Hinter diesem Begriff verbergen sich verschiedenartige innovative Fertigungsverfahren, die den Wertschöpfungsprozess in der Produktentwicklung und Produktherstellung maßgeblich beschleunigen können und deren Erschließung und Qualifizierung für die Medizintechnik daher von äußerster Wichtigkeit ist. Insbesondere soll hierzu der von der Fa. MCP-HEK, Lübeck entwickelte Selective Laser Melting-Prozess (SLM) weiterentwickelt werden. Es handelt sich hierbei um ein Lasergenerierverfahren zum schichtweisen Herstellen von metallischen Teilen aus Pulverwerkstoffen anhand von 3D-CAD-Daten.

In diesem Zusammenhang sollen daher Zahnwurzelimplantate aus Titanwerkstoffen (z.B. TiAlNb o.ä.) unter Verwendung des Lasergenerierens hergestellt werden. Die Innovation hierbei liegt einerseits in der Ablösung konventioneller Fertigungstechnologien mit dem Potential durch eine Reduzierung der Prozessschritte die Durchlaufzeit bei der Implantatherstellung zu verkürzen. Andererseits grenzt sich das in diesem geplanten Projektvorhaben neu zu erschaffende Produkt dadurch von bisherigen Zahnwurzelimplantaten ab, dass erst durch das Lasergenerieren neuartige Oberflächenmodifikationen in das Implantat eingebracht werden können, die das Einwachsverhalten der Implantate zum umgebenden Gewebe nachhaltig begünstigen sollen. Um dennoch eine hinreichende Stabilität der Implantate aufgrund der hohen physiologischen Belastungen im Kieferbereich gewährleisten zu können, sollen die Implantate als zweiteilige Körper mit angepasster Außengeometrie als Mantel und einem mit zerspanenden Verfahren hergestellten massiven Titankern aufgebaut werden. Eine sichere Verfestigung erfolgt einerseits durch einen Konussitz über Formschluss andererseits ist aufgrund der Paarung zweier Körper aus Titan auch eine sichere Verfestigung über autogene Verschweißungspunkte möglich. Die Strukturierung des Außenmantels hat entsprechend den Belastungen und dem Kraftfluss zu erfolgen. Hierzu sind Finite-Elemente-Berechnungen notwendig. Auf diesem Sektor wurden im Rahmen kieferchirurgischer Implantate bereits Untersuchungen durchgeführt.

Ein wesentlicher Faktor für ein erfolgreiches Gelingen dieses Projekts ist einerseits eine konstruktive Implantatgestaltung, die sowohl eine funktionelle und ästhetisch adäquate prothetische Versorgung der Patienten ermöglicht, als auch eine fertigungsgerechte Auslegung zulässt. Die Verwendung einer geeigneten Anlagentechnologie ist andererseits ebenfalls ein bedeutender Erfolgsfaktor. Eine geeignete Werkstoffauswahl bzgl. der Zusammensetzung und Konsistenz ein oder mehrerer unterschiedlicher Phasen des Werkstoffs sowie die Findung geeigneter Prozessparameter haben ebenfalls entscheidenden Einfluss auf das Gelingen des Projektes, da z.Z. noch keine Aussage über die Verarbeitungsfähigkeit der angestrebten Werkstoffe im Bereich des Lasergenerierens getroffen werden kann. Eine ausreichende Verfestigung und Anhaftung einzelner im Prozess des Lasergenerierens erzeugter Schichten muss erreicht werden. Darüber hinaus darf der Fertigungsprozess die Eigenschaften der verwendeten Werkstoffe nicht negativ beeinflussen, da diese für den langfristigen Verbleib im menschlichen Körper vorgesehen und auch zugelassen sein müssen. Die nach diesem Verfahren erzielbaren Festigkeitseigenschaften lasergenerierter Zahnwurzelimplantate müssen ausreichend sein, um ein Versagen auf Dauer ausschließen zu können.

Die Neuheit des Lösungsansatzes im hier vorgestellten Forschungsprojekt liegt in der Anwendung bislang für die Medizintechnik weitestgehend ungenutzter Produktionsverfahren, wie dem Lasergenerieren für die Erzeugung von gewebespezifisch wirkenden Implantaten und Implantatoberflächen. Es wird erwartet, dass auf Basis dieses Verfahrens ein wesentlicher Beitrag zur Weiterentwicklung medizintechnischer Applikationen geliefert werden kann, indem das Potential des Verfahrens genutzt und seine industrielle Qualifizierung konsequent verfolgt wird.

Das letztendliche Ziel des Forschungsprojekts ist es, nach einer hinreichenden Entwicklung der Technologie, die Funktionsfähigkeit der gesamten neu zu entwickelnden Prozesskette aufzuzeigen, indem anhand von 3D-CAD-Daten Demonstratoren aus dem gewählten Werkstoff erstellt werden und deren Einsatzfähigkeit durch erste klinische Erprobungen, d.h. im Tierversuch und anschließend durch Einsatz am Patienten nachgewiesen wird.

Weitere Informationen zu diesem Forschungsprojekt können Sie hier bekommen